Wildruhezonen im Winter

Als Tourengänger mit Schneeschuhen, Tourenskis und Splitboard, aber auch als Gleitschirmflieger und Drohnenpilot müssen wir uns im Winter bewusst sein, dass wir uns abseits der gepisteten Zonen in sehr sensiblem Gebiet bewegen. Die Wildtiere können sich nicht in die warme Stube zurückziehen und haben keinen gut gefüllten Vorratsschrank in der Küche. Sie müssen mit den vorhandenen Fettreserven über den entbehrungsreichen Winter kommen, wo eine teils meterdicke Schneedecke das Futterangebot massivst einschränkt.

Umso wichtiger ist es, sie nicht zu stören und bei der Planung und Durchführung von Winteraktivitäten ausserhalb der gepisteten Zonen grosse Umsicht walten zu lassen. Selbstredend sind Hinweistafeln, die auf Wildschutzgebiete und Wildruhezonen hinweisen, zu respektieren. Bereits zu Hause bei der Tourenplanung ist es wichtig, sich mit den Schutzgebieten unter www.wildruhezonen.ch und den Regeln im Winter unter www.respektiere-deine-grenzen.ch vertraut zu machen. Und: Bitte keine einzige Ausnahme unterwegs! Denn viele unwissende Tourengänger folgen bereits vorhandenen Spuren, sodass die eine Störung viele weitere nach sich zieht!

Auch dem kantonalen Wildhüter Albert Good ist dies ein grosses Anliegen. Lesen Sie hier das Interview mit ihm!

Mirjam Maag, Bergträume GmbH: Albert, Du bist ja auch für das Gebiet Flumserberg zuständig, in dem wir unsere Wildtier-Schneeschuhtouren durchführen. Schon verschiedentlich durfte ich auf Dein breites Wissen und Deine grosse Erfahrung zurückgreifen. Auch sensibilisieren wir unsere Tourengäste unterwegs immer auf das Thema und durften so im Laufe der letzen 12 Jahre über tausend Schneeschuhläufern etwas Wissen diesbezüglich mit auf den Weg geben. Wie siehst Du diese Problematik? Entdeckst Du auf Deinen Streifzügen Anzeichen, dass beispielsweise Wildschutzgebiete und Wildruhezonen missachtet werden?

Albert Good: Zuerst einmal vielen Dank für deinen Einsatz zu Gunsten unserer Wildtiere! Ja, leider kommt es regelmässig vor, dass Wildruhezonen (WRZ) betreten und befahren werden. Da die WRZ die Tiere bei Schneelage vor Störungen schützen sollen, sind die Spuren von Schneeschuhen und Skiern im Schnee leicht zu erkennen. Für die Übertretungen gibt es wohl drei Hauptgründe: Unachtsamkeit, Gleichgültigkeit und Mutwilligkeit. Gerade für letzteres habe ich absolut kein Verständnis. Denn, wie du schon erwähnt hast, folgen Ortsunkundige oft den Spuren im Schnee und vervielfachen so die Störung des Spurenlegers.

Bergträume: Können Fehlbare belangt werden? Gibt es hohe Bussen?

Albert Good: Ja, wer beim Verlassen einer WRZ in eine Kontrolle kommt (kontrolliert wird am Rande der WRZ), wird auch gebüsst. Da Übertretungen eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft zur Folge haben, werden zusätzlich zur Strafe auch noch Administrationsgebühren fällig. Da reichen dann 500 Franken nicht mehr …

Bergträume: Hast Du das Gefühl, dass der Druck auf das Wild durch die gestiegenen Winteraktivitäten neben der Piste zunimmt? An welchen Anzeichen siehst Du das?

Albert Good: Ja, der Druck hat definitiv zugenommen. In den letzten 50 Jahren hat sich die Bevölkerungszahl fast verdoppelt. Strassen und Bergbahnen schossen wie Pilze aus dem Boden. Jedes Jahr kommen neue Freizeitaktivitäten dazu. Die Erholungssuchenden starten heute in Gebieten, wo früher der Ausflug zu Ende war. Sportausrüstungen wie z.B. Tourenskis werden immer besser und leichter, so dass damit auch weniger Geübte in bisher ungestörte Lebensräume vordringen können. Da wird es für die Wildtiere eng. Der ganze Druck wird nun durch Corona nochmals spürbar erhöht.

Bergträume: Hast Du auf Deinen Touren schon verendetes Wild gesehen, das vermutlich von Tourengängern in den Tod getrieben wurde?

Albert Good: Ja, in den Bergen finde ich jeden Frühling Überreste von Gämsen, Hirschen und Steinwild. Zumindest bei einem Teil davon sind Freizeitsportler mitschuldig am Tod des Wildes. Da aber die Tiere oft erst im Frühling an den Folgen der energiezehrenden Fluchten sterben und nicht sofort, ist es nicht möglich, Zahlen zu nennen.
Auch kleinere Tiere wie Schneehasen, Birk- und Schneehühner haben unter den Störungen zu leiden. Sterben sie, werden sie von Füchsen und Greifvögeln gefressen, bevor sie gefunden werden. Bei den Überlebenden verringern Stress und schlechte Kondition die Nachwuchsrate.

Albert, vielen Dank für dieses Gespräch. Dies macht uns wieder mal bewusst, wie wichtig es ist, uns mit der nötigen Vorsicht und Überlegtheit im winterlichen Raum zu bewegen.
(Das Interview wurde schriftlich geführt)

Hier gehts zur geführten Schneeschuhwanderung "Wildtier-Erlebnis auf Schneeschuhen"